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Das berühmte Foto, das Hermann Consten aufnehmen konnte

Die Biographie des Dambijantsan

Der „falsche Lama“ Dambijantsan war eine der umstrittensten und zwiespältigsten Figuren der westlichen Mongolei zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Seine Taten machten ihn zuerst zu einem Helden der Revolution, bevor er als „Staatsfeind“ auf Geheiss der ersten Regierung der unabhängigen Mongolei 1922 ermordet wurde.

Er wurde ungefähr 1862 geboten und bezeichnete sich als buddhistischer Mönch (was bis heute umstritten ist). Viele Einheimische schauten in Ehrfurcht zu ihm auf, da sie in ihm eine Wiedergeburt von Amursana erblickten, einem Xoit-oiratischen Prinzen aus dem 18. Jahrhundert. Tatsächlich war er ein Kalmüke von der Wolga (Astrachan) aus Russland (dieser Volksstamm wird auch als Torguten bezeichnet), und wurde von Zeitgenossen als „wahnsinnig und von gewälttätiger Natur“ bezeichnet.

Er tauchte zuerst 1890 in der Mongolei auf und wurde noch im selben Jahr von chinesischen Behörden wegen antichinesischer Aktivitäten verhaftet. Unter Berufung auf seine russische Staatsbürgerschaft wurde er nach Russland abgeschoben. Dieses wiederholte sich noch mindestens zwei Mal. 1910 – so ist wieder erwiesen – tauchte er erneut bei den Torguten im damaligen Chinesisch-Turkestan (heute Sinking) auf.

1912, kurz nach Erklärung der Unabhängigkeit der Xalx-Mongolei zog er mit 5.000 Bewaffneten in Richtung Hovd, das zu diesem Zeitpunkt als „Gebiet von Hovd“ noch immer unter chinesischer Verwaltung stand. Gemeinsam mit den mongolischen Generälen Magsarjav und Damdinsuren wurde zuerst Uliastai befreit, danach Ulaangom und im August 1912 schließlich die Garnison von Hovd erobert und zerstört. Damit war auch diese Gebiet an den unabhängigen Staat Mongolei angegliedert.

Dambijantsan selbst ernannte sich zum Militärgouverneur des Gebiets, wurde aber 1914 aufgrund von Beschwerden örtlicher Fürsten (und wahrscheinlich auch auf Veranlassung durch die Zentralregierung) von den russsichen Sabaikalkosaken gefangen genommen und nach Russland verbracht. Angeblich wollte er im heutigen Uvs Ajmag ein eigenes Königreich Munjig gründen.

Er blieb bis 1916 im Gefängnis in Irkutsk und anschließend wieder im heimatlichen Astraxan an der Wolga. 1918 kam er wieder in die Mongolei, wo er sofort wieder zur Verhaftung ausgeschrieben wurde. Er entkam in die „Schwarze Gobi“ in Sinkiang, wo er mit etwa 500 Bewaffneten seinen Privatkrieg gegen die Chinesen und alle anderen Autoritäten führte – finanziert durch Überfälle auf die Karawanen der nördlichen Seidenstraße. Seine „Räuberburg“ wird später von der chinesisch-schwedischen Expedition Sven Hedins (1927 – 1935) fotografiert und fand Einzug in eine ganze Reihe von Romanen.

1922 beschloss die Zentralregierung in Ulaanbaatar, diesen gefährlichen Kriegsherren an der südwestlichen Grenze nicht mehr zu dulden und schickte mehrere Gruppen von Attentätern aus. Eine dieser Gruppen konnte als Gesandte des Bogd Gegen in die Burg einziehen und Dambijantsan wurde erschossen. Sein Kopf wurde durch die gesamte Mongolei herumgereicht als Zeichen dafür, dass dieser im Volk vielfach nahezu mystisch verklärten Mann tatsächlich nicht mehr lebte. Der Kopf soll heute in der Eremitage in St. Petersburg aufbewahrt sein.

Die Geschichten um Dambijantsan als dem „Guten Räuber“, der als mongolischer Robin Hood im Volk weiterlebte, müssen unter anderem Fritz Mühlenweg bekannt gewesen sein, der in seinem Jugendbuch „In geheimer Mission durch die Wüste Gobi“ in der Figur des Dampignak vieles davon verarbeitet.

Die Räuber in der Mongolei haben eine lange Tradition: Wie in vielen unterdrückten Völkern waren die Räuber oft Freiheitskämpfer, die sich der staatlichen Verfolgung zu entziehen suchten: Die Haiduken im Balkan, die „Räuber vom Liang Schan Moor“ in China, Klaus Störtebecker oder der Schinderhannes in Deutschland, Robin Hood in England – sie alle verkörpern auch die Sehnsüchte des einfachen Volkes nach einem freien und besseren Leben. In der mongolischen Sprache hat sich der Begriff des „Saijn Er“, des „guten Mannes“, für diese Räuber herausgebildet. Das Pflichtbuch im Schulunterricht der sozialistischen Zeit, der Roman „Der klare Tamir“ (Tungalag Tamir) hat dieses Thema zum Inhalt: Zwei Brüder, der eine ein „Sajn Er“, der andere ein Viehzüchter, der sich zum Kommunisten entwickelt, spielen darin die Hauptrolle

Dan Croner zu Dambijantsan: The false Lama

Über das Leben des Ja Lama hat der Amerikaner Dan Croner ein Buch geschrieben, dessen erstes und zweites Kapitel wir hier zur Verfügung stellen dürfen. Don Croner bescheibt hier, wie er aufgrund der Lektüre des unsäglichen Buches von Ferdinand Ossendowski auf diesen Ja Lama aufmerksam wurde und erst später dann die reale Geschichte dieser Persönlichkeit erforscht hat.

Ein oiratisches Volkslied zu Dambijantsan

Während der schwedisch-chinesischen Expedition Sven Hedins begegnete der Däne Henning Haslund-Christensen Ende der zwanziger Jahre der torgutischen Prinzessin Nirgidma, von der eine Reihe von Liedern lernte, die u.a. in seinem Buch „Zajagan“ veröffentlicht wurden. Nirgidma hatte zu diesem Zeitpunkt schon in Paris studiert. Dort veröffentlichte 1937 die französische Forscherin Frau Humbert-Sauvageot 18 von ihr übersetzte und transkribierte Lieder, die Nirgidmaa zusammengetragen hatte, darunter eines über Dambijantsan. Carole Pegg hat dieses Lied in ihrem Buch „Mongolan music, Dance and Oral Narrative“ 2001 wieder aufgegriffen.

Dambijantsan (zweiter von rechts) mit mongolischen Adligen
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