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Die Entwicklung von Ulan Baatar im 20. Jahrhundert

1918 zählte die damals Niislel Churee („Residenzkloster“) genannte Hauptstadt etwa 20.000 Einwohner, was ungefähr 3% der damaligen Bevölkerung der Mongolei entsprach. Heute wird die Einwohnerzahl Ulaanbaatars auf ca. eine 1,5 Millionen geschätzt, was in etwa 50% der Gesamtbevölkerung der Republik Mongolei entspricht. Innerhalb von 100 Jahren ist die Bevölkerung der Hauptstadt um das 75-fache gewachsenm während die Gesamtbevölkerung nur um das knapp 6-fache gewachsen ist.

Seit dem Ende der sozialistischen Volksrepublik ist UB, wie die Stadt allgemein genannt wird, um etwa 50% gewachsen, während die Bevölkerung auf dem Land in absoluten Zahl etwa gleich geblieben ist.


Die nachfolgende Darstellung der historischen Entwicklung Ulaanbaatars hat uns freundlicherweise Catherine Schejock zur Verfügung gestellt. Wir stellen ihn hier zur Verfügung, obwohl manche statistischen Aussagen (wie z,B, das nur sechsfache Wachstum der Stadt seit 1924) sich nicht halten lassen.

Die historische Entwicklung der Hauptstadt

Östlich der Stadt hatten sich chinesische und später auch russische Kaufleute in gesonderten Sied­lungen niedergelassen, nur wenige Kilometer vom Zentrum entfernt. Die Russenstadt mit dem russischen Konsulat lag auf der Hochterrasse und bestand hauptsächlich aus in russisch-sibirischem Stil erbauten Holzhäusern. Südöstlich davon erstreckte sich die Chinesenstadt Maimatschen mit zahlreichen niedrigen Lehmhütten der chinesischen Händler. Die zwei Sied­­lungen waren durch die Steilkante der Hochterrasse getrennt. Zahlreiche Klosteranlagen unter­schiedlicher Größe waren im Gebiet um Urga angelegt (BARTHEL 1988: 92, 93).

Da Ulan Bator an der Handelsstraße zwischen Russland und China lag, entwickelte sich die Stadt schnell zu einem politischen Mittelpunkt (ASTOR 2005: 457). Nach der Gründung der Mon­golischen Volksrepublik (MVR) im Jahre 1924 wurden langsam die ersten Regierungs- und öffentlichen Gebäude errichtet. Der Einfluss der Sowjetunion ist ab den 1950er Jahren unbe­streitbar und spiegelt sich im Stadtbild Ulan Bators wider: Der erste Generalbebauungs­plan Ulan Bators, der einen Zeitraum von 20 Jahren beinhaltete, wurde von einer sowjetisch-mon­golischen Planungskommission im Jahre 1954 erstellt. Der Bauboom der 50er Jahre ge­staltete sich zunächst durch die Arbeit chinesischer Monteure und Baufacharbeiter, anschließend bau­ten Sowjetrussen Betonhochhausviertel, die hauptsächlich für ihre eigenen Fachleute gedacht waren. Dann wurden nach sowjetischem Vorbild für Mongolen aus Fertigbetonteilen Ein­heits­­wohnblocks erstellt, worin jedem Bewohner höch­stens 5 qm zugeschrieben wurden. Noch im Jahr 2000 wohnten über 80% der Familien aus der Innenstadt in solchen Verhält­nis­sen, nur 40% von ihnen hatten eine Zentralheizung (SCHENK 2006: 184).

Der Stadtgrundriss (vgl. Abb. 2) ist in einem geplanten Schachbrettmuster gebaut und auch die weiten Boulevards deuten auf den sowjetischen Einfluss hin (REY 1996: 460). Je weiter man sich vom Stadtzentrum entfernt, desto kleiner werden die Bebauungen, bis hin zu den Jurten, die am Stadtrand die aufgelockerte Bebauung darstellen.

Der zentrale Süchbaatar-Platz, nach dem Revolutionshelden benannt, der durch ein großes Denkmal repräsentiert wird, bildet den Mittelpunkt der Stadt. An der Stelle des Platzes stand ehemals das lamaistische Hauptkloster. Im Norden des Platzes erstreckt sich das Regierungsgebäude. Im Westen und Osten wird der Platz von öffentlichen und staatlichen Gebäuden gesäumt, gen Süden öffnet er sich auf den großen Stadtpark, der eine Erholungsfunktion hat. Mit der Öffnung nach Süden wird eine alte Tradition der Mongolen befolgt: „Wie die Tür einer jeden Aratenjurte sich nach Süden öffnet, so ist auch der zentrale Platz der Hauptstadt nach der Sonnenseite weit offen gehalten“ (BARTHEL 1988: 96). Schließlich muss noch das große Industriekombinat erwähnt werden, das im Südwesten der Stadt, zwischen dem Tuul und der Trasse der Transmongolischen Eisenbahn, errichtet wurde (BARTHEL 1988: 100).

Die Bautätigkeit geriet in den 60er Jahren wegen der Abkühlung der Beziehungen zwischen China und der Sowjetunion ins Stocken. Chinesische Baufachkräfte zogen ab und Bauruinen wurden erst zehn Jahre später fertig gestellt. In den Jahren nach der Wende von 1989 wieder¬holte sich dies durch das Ausbleiben russischer Lieferungen des Baumaterials und Betongerippe blieben verwahrlost stehen. In den letzten Jahren gehen Grund und Boden in Privatbesitz über, was einen neuen Bauboom ausgelöst hat. Jedoch haben sich die Preise für Boden und Wohnungen vervielfacht und sind oftmals unerschwinglich für die Bevölkerung. Die Konsequenz davon ist, dass sich viele zugezogene Landbewohner in den alten heruntergekommenen sowjetischen Wohnsilos einquartieren oder dass sich am Stadtrand massenweise Jurten ansammeln (SCHENK 2006: 185).

Der Vergleich des Wachstums zwischen der Hauptstadt und den Aimaks ist ebenfalls Interessant: Urga zählte im Jahre 1918 nur 20 000 Einwohner, 1963 waren es 230 000 und sie erreichte im Jahre 1986 die halbe Million, was zu dem Zeitpunkt ein Viertel der Gesamtbevölkerung der Mongolei ausmachte. 2002 lebten in Ulan Bator etwa 850 000 Menschen, was die Bevölkerung jedes der 21 Aimaks weit übertrifft (THEVENET 1999: 74; National Statistical Office of Mongolia 2002: 21). „Seit 1924, dem Gründungsjahr der Mongolischen Volksrepublik, ist Ulan Bator um mehr als das Sechsfache angewachsen“ (SCHENK 2006: 186).

Literaturverzeichnis:

ASTOR, E. (2005): Meyers großes Länderlexikon. Mannheim.
BARTHEL, H. (²1988): Mongolei- Land zwischen Taiga und Wüste. Gotha, Leipzig.
DÜRR, H ., P. SCHÖLLER &E. DEGE (1978): Fischer Länderkunde Ostasien. Frankfurt am Main.
MÜLLER, F. V. (2003): Die Wirtschaftsentwicklung der Mongolei – Geschichte und Gegenwart externer Abhängigkeiten. Petermanns Geographische Mitteilungen 147 (5): 64-71.
REY, V. &R. BRUNET (1996): Europes orientales, Russie, Asie centrale. Paris.
SCHENK, A.& U. HAASE (1994): Mongolei. München.
SCHENK, A. (²2006): Mongolei. München.
THEVENET, J. (1999): La Mongolie. Paris.

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