Jedes Dorf hat eine Ambulanz
Die Mongolei ist in etwa 320 Landkreise eingeteilt mit einer „Kreisstadt“. Ein solcher Landkreis hat zwischen 2000 und 4000 Einwohner, wenige – vor allem an den wenigen Durchgangsstraßen – mehr. Jeder dieser Landkreise – und sei er noch so weit „draußen“ – hat eine Ambulanz, oft auch eine Entbindungsstation und eine in „westlicher Medizin“ ausgebildete Ärztin oder einen Arzt. Wir hatten mehrere Mal Gelegenheit, dies Ambulanzen kennenzulernen und waren gottfroh, dass es sie gab,
Auf unseren Reisen mussten wir mehrmals die diense dieser A,bulanzen in Anspruch nehmen – jedesmal begeistert vom Engagement und der fachlichen Kompetenz dieser Landärzte oder Krankenschwestern. „Barfußärzte“ würde man in anderen Weltgegenden sagen.
Der Sturz vom Pferd – „weitab vom Schuss“
Im Jahr 2001 fiel der Autor dieser Zeilen ziemlich übel im menschenleeren Gebiet östlich des Khuvsghul etwa 30 km entfernt von der nächsten Straße vom Pferd. Der Sattlegurt war gerissen. Der Sturz wäre nicht schlimm gewesen, wenn ich nicht mit der Hüfte auf ein in der Jackentasche befindliches Asthma-Notfallspray gefallen wäre und mir eine sehr schmerhafte Knochenprellung zugezogen hätte, die mich für zwei Tage ins zelt Verbannte. Unsere mitreitende Schamanin, die Frauenbeauftragte des Khuvsgul-Aimags zauberte schließlich das damals einzige Motorboot herbei, mit dem ich nach Hatgal in die Ambulanz transportiert wurde. Dort kümmerte sih sehr kompetent eine „Barfußärztin um mich“, stellte keine weiteren Verletzungen fest und versuchte, die Prellung durch Massagen zu lindern. Sie war sehr froh, dass sie als Entlohnung für ihre Mühe den Inhalt unserer Reiseapotheke erhielt: Pflaster, Elastikbinden, Wundsalben, Schmerzmittel. sie kannte alle Wirkstoffe von ihrer Ausbildung her. Doch um die Jahrtausendwende konnte das staatliche Gesundheitswesen mit diesen Dingen das Land nicht mehr versorgen.
Nach zwei Tagen mit hervorragender Fürsorge war ich soweit wieder mobil, um im flugzeug von Htgal nach UB fliegen zu können. Eine Autofahrt wäre unmöglich gewesen. Eine professionelle Röntgenuntersuchung dort brachte endgültige Entwarnung. Die Schmerzen blieben aber noch mehrere Monate.
Der Motorradunfall
Als wir im Jahr 2008 einen Freund besuhten, fanden wir ihn und seine Frau völlig aufgelöst in der jurte vor. Er war sturzbetrunken mit dem Motorrad nach Hause gefahren und hatte sie auf dem Gepäckträger dabei. Sie stürzten und der Dorn der Fußraste hatte sich ziemlich tief in ihr Knie gebohrt. Di Ambulanz im Somon hatre sie verarztet, dann aber mit einem herbeigerufenen Sanitäsfahrzeug ins Aimagzentrum gefahren, um durch bessere Untersuchungsmöglichkeiten eventuelle größere Verletzungen auszuschließen.
Nein, es war nur das tiefe Loch im Knie, das sich auf keinen Fall entzünden durfte. auch dieses Mal leistete die Reiseapotheke gute Dienste. Meine Frau, die ansonsten im Film keine Spritze sehen kann, nahm den völlig verdreckten Verband ab und versorgte die Wunde. sie wurde mit desinfizierender Salbe gesäubert und wieder sauber verbunden.
Am nächsten Tag ging’s mit unserem Fahrzeug in die Ambulanz im 20 Kilometer entfernten Somonzentrum. Schon der Eingang war überraschend: ein größerer Windfang mit der Bitte, dort die dreckigen Stiefel und den ebensolchen Mantel abzulegen, bevor es in den Wartebereich der Aufnahme ging. Dahinter wieder eine Tür, hinter die aber niemand, der nicht zum Perosnal gehörte oder einen Angheörigen besuchten wollte, gehen durfte. Die Ambulanz hatte vielleicht 10 Betten, die meisten reserviert für Geburten.
Die untersuchende Ärztin begutachtete den Verband, befand ihn als sachgerecht und wollte die Verletzte in einigen Tagen wieder sehen. Auch hier wurde wieder unser Arzneibestand dezimiert: Verbandmaterial, antibiotische Salben, Desinfektionsmittel – alles wurde gern genommen.
In diesem Warteraum konnten wir auch mühsam die „Erfolgsstatistik“ der ambulanz lesen: Anzal der Behandlungen, schwere Verletzungen, Entbindungen – alles für die Besucher offengelegt als Leistungsnachweis. und vor Allem; Eine groß aufgemachte Kampagne gegen den Alkohol, gekrönt von einer Unterschriftenliste. in der mit der Unterschrift eine Selbstverpflichtung abgegeben wurde, kreinen Alkohol mehr zu trinken. Unser Freund hat sich daran gehalten.
Fieber, Schüttelfrost und Magenverstimmung
Ich hatte alle gewarnt: Seid vorsichtig mit dem ungewohnten Essen, das kann Probleme geben: Fettes essen, Airag, eventuell fehlende Hygiene. und nun hatte es mich getroffen. ich konnte nicht mehr. Da musste ein Arzt ran, bevor wir endgültig die Asphaltstraße verließen, um in die Gobi zu fahren.
Also 50 Kilomete zurück in die Ambulanz – Notaufnahme. Fieber messen, Blutdruck, Abtasten des Unterbauchs, Anamnese (wir hatten einen guten Dolmetscher). Ich müsse zur Beobachtung mindestens 24 Stunden da bleiben. Abführtabletten, Kochsalzinfusion, Wärme. Sollte es nicht besser werden, müsste ich zurück nach UB. Es wurde besser, die Reise konnte weitergehen.