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Günter Diehl: Bei den Tapferen

Unter diesem Titel erschien 1988 eines der ersten „halboffiziellen“ Bücher über die VR Mongolei in Westdeutschland. Geschrieben hatte es der Diplomat im Ruhestand Günter Diehl. Doch von wegen: Volksrepublik Mongolei, für den Verlag war es immer noch die „Äußere Mongolei“, also der Teil der  Mongolei, der nicht so ganz in das chinesische Reich eingegliedet worden war und dessen staatliche volle Souveränität so lange – zumindest für bestimmte Kreise – unklar war. Diehl kannte die diplomatischen Regeln und enthielt sich des Fauxpas.

Doch wer war dieser Günter Diehl, der hier von seinen Reisen im Sommer 1977 und Winter 1980 erzählt und warum ist das Buch nicht schon viel früher erschienen? Zum Zeitpunkt seiner Reisen war Günter Diehl Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Japan und sozusagen im „Zweitberuf“ Botschafter der BRD für die Volksrepublik Mongolei, zu der die BRD 1974 diplomatische Beziehungen aufgenommen hatte. Zu einem „Botschafter in der VR Mongolei“ mit eigenem Gebäude hatte es damals noch nicht gereicht. Hierzu bemerkt er selbst: „Das Auswärtige Amt in seiner Weisheit hatte nicht den Botschafter in Moskau und nicht den Botschafter in Peking, sondern denjenigen in Tokio auch in Ulan Bator, der „Roter Held“ genannten Hauptstadt der Mongolei, akkreditiert.“.

Eingefädelt hatt diese Beziehungen Diehls Vorgänger als Botschafter in Japan, Wilhelm Grewe.

Sowohl Diehl als auch Grewe waren schon Diplomaten unter Hitler gewesen und hatten völlig unbeschadet ihre Karriere in der BRD fortgesetzt. Diehl gehörte zu den eifrigsten Vertretern der von Grewe entwickelten „Hallstein-Doktrin“, derzufolge die BRD keine Beziehungen zu Staaten unterhielt, die ihrerseits die DDR anerkannten. Diehl selbst hatte schon unter Hitler den späteren Bundeskanzler der Großen Koalition Kurt-Georg  Kiesinger kennengelent – eben jenen Kiesinger, den Beate Klarsfeld im November 1968 wegen seiner NS-Vergangenheit geohrfeigt hatte. Kurz vor der Ankündigung der Ohrfeige (im April 1968) war Diehl im Januar 68 Staatssekretär geworden

Ob sich Grewe und Diehl schon im Auswärtigen Amt der Nazis gekannt haben ist unbekannt, ebenso, ob sie dort Rudolf Asmis begegnet sind. Doch das diplomatische Korps ist so groß nicht, als dass es nicht angenommen werden dürfte.

Doch für eins sind klassische Diplomaten immer bekannt: Sie hängen ihr Mäntelchen gerne nach dem Wind. So wurden aus den Angehörigen von SS und NDAP gute Demokraten nach 1945. Aus Vertretern der Hallsteindoktrin dann Vertreter der BRD in Ländern, die den Erzfeind DDR anerkannt hatten.

Für diese „Weisheit“ im Auswärtigen Amt, von der Diehl selbst spricht (siehe das Zitat oben) hat Diehl als Mitglied der Reformkommission des Auswärtigen Amtes nach 1968 selbst aktiv mit gesorgt. Die Hallstein-Doktrin war in den 1960er Jahren krachend gescheitert, als immer mehr ehemalige Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten und die DDR anerkannten. Dass das auswärtige Amt für seine eigene „Reform“ eben dieselben Diplomaten einsetzte, deren Politik zu reformieren war, ist eines der Geheimnisse dieses Berufes.

Diehl wurde dann 1969 mit Beginn der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt in den „einstweiligen Ruhestand“ versetzt, 1970 dann aber Botschafter in Neu-Delhi. Indien war eines der recht wenigen Lander, das damals sowohl Beziehungen zur BRD wie zur DDR unterhielt.

Die Geschichte des Auswärtigen Amtes der BRD und ihrer Verflechtungen vom Kaiserreich (Rudolf Asmis, Hermann Consten) über die Weimarer Republik (Rudolf Asmis) und den Nationalsozialismus (Rudolf Asmis, Diehl, Grewe, Kiesinger) bis hin zu BRD ist nicht Gegenstand dieser Webseite und soll hier nicht weiter vertieft werden.

Dass dieses Buch dann 1988 erschien, hat sicher zum einen mit einer gewissen „Schamfrist“ zu tun, die von „ordentlichen“ Diplomaten eingehalten wird, wenn sie aus dem Nähkästchen plaudern.  Es hat aber auch damit zu tun, dass zu dieser Zeit mit Gorbatschows Perstroika und Glasnost sich abzeichnete, dass die Länder des RGW nun wieder für „den Westen“ interessant wurden.

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