Die soziale Grundstruktur des Nomadismus
Die soziale Grundstruktur des Nomadismus ist die Sippe (der Clan). Die einzelnen Einheiten des Clans (die Familien) wirtschaften wegen des Futter- und Wassermangels getrennt voneinander, wobei bei besseren Bedingungen auch zwei oder drei Kleinfamilien die (temporäre) Wirtschaftseinheit bilden. Diese Wirtschaftseinheit wird in der Mongolei Ail genannt. Sie besteht heute nicht unbedingt aus den Familien der Geschwister, sondern wird in den Grenzen der Tradition gewählt. In diesen Wirtschaftseinheiten kommt es darauf an, dass die beteiligten Familien „miteinander können“, d.h. die Risiken, Anforderungen und Gefahren des Lebens gemeinsam bewältigen können.
Die Anzahl der Weidewechsel über die Zeit folgt in den meisten Fällen einem sehr geregelten Schema über einen ein- oder mehrjährigem Zyklus, der bestimmt ist durch das zur Verfügung stehende Wasser, das zur Verfügung stehende Futter und die Größe der Herden. Dies sind natürliche Gegebenheiten, die nur bedingt verändert werden können. In der Vergangenheit hat es immer wieder Klimaveränderungen und andere Ereignisse gegeben, die dieses Schema verändert haben.
Die Vorstellung, dass Nomaden „frei wie der Wind“ übers Land ziehen würden, ist falsch. Die Sippen sind hierarchisch gegliedert und waren in historischer Zeit einer feudalen Ordnung unterworfen. Das Weideland „gehörte“ dem Feudalherrn (klerikale oder zivile Fürsten). Diese bestimmten, wer wann und wo das Vieh zu hüten hatte. Ein Großteil des Viehs gehörte auch nicht dem Hirten, sondern dem Feudalherrn. In der Mongolei war ein großer Teil der Bevölkerung zumindest zu einem größeren Teil ihres Lebens Teil des (niederen) Klerus (Lama), einem Kloster zugeordnet (Shavi) oder „an die Scholle“ gebundene Abhängige von adligen Familien. Nur ein geringer Teil der Mongolen waren „freie“ Menschen, denen ihr Vieh vollständig gehörte. Diese hatten aber dennoch ihren „Dienst an der Gemeinschaft“ in Form von Militär- oder Postdienst zu leisten.
Die nomadische Wirtschaftsform ist nicht vollständig autark. Sie produziert gewisse Güter für den Handel: Fleisch, Wolle, Knochen, Leder, Felle. Dafür kauft sie Güter, die sie nicht slebst produzieren kann: Metalle.