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Daschdordschiin Nazagdordsh
(mongolisch Дашдоржийн Нацагдорж)

Er gilt als der Begründer der modernen monglischen Literatur. Sein Lebenslauf ist beeindruckend. Geboren 1906 begann er schon mit 11 Jahren – als einer der wenigen des Lesens und Schreibens Kundigen – eine Tätigkeit als Schreiber in Verwaltungsapparat der ersten autonomen mongolischen Republik. 1924, mit 18  Jahren, trat er in die Armee ein und war Mitbegründer des REVSOMOL. des revolutionären mongolischen Jugendverbands. Schon 1923 war er zum Mitglied des ZK der MRVP gewählt worden und zum Sekretär des Kriegsrates der Äußeren Mongolei. In dieser Fnktion war im Alter von 19 Jahren aktiv an der Entmachtung des Ministerpräsidenten und Marschals Danzan beteiligt (der ermordet wurde). Diese „Affäre“ im August 1924 beendeter die Epoche von 1921 – 1924, in der der Bogd Gegeen das nominellte Oberhoheit in der Mongolei darstellte und machte den Weg frei für die sozialistische Volksrepublk Mongolei, die »zum Sozialismus unter Umgehung der kapitalistischen Entwicklungsepoche« voranschreiten sollte.

Mit 19 Jahren hatte er in einem Alter, in dem in den entwickelten Ländern die Jugendlichen gerade mal in den Beruf eintreten oder ein Studium beginnen, seine politische Karriere schon ahezu hinter sich. Eine solche Biographie ist nur in Ländern vorstelbar, die wie die junge Mongolei binnen kürzester Zeit einen derart radikalen Wechsel vollzogen haben.

Sozusagen als „Belohnung“ konnte Nazagdordsh 1925/1926 an der Militärakademie in Leningrad studieren, und ging dann im Rahmen des „pädagischen Experiments“ mit 40 Mongolen nach Deutschland. Dort lernte er die Mongolisten Haenisch und Weller kennen. Wir viele andere der in Deutschland ausgebildeten Mongolen geriet er in die stalinistische Verfolgung, kam zwei Mal ins Gefängnis und starb schon 1937 mit 31 Jahren.

Als sein wichtigstes Gedicht gilt das mit dem Titel „Meine Heimat“, das wir hier in der Übersetzung von Renate Bauwe wiedergeben.

Die wohl umfassendsten Veröffentlichungen zu Nazagdordshs Leben finden sich Band 16, Jahrgang 1988 Band 5 der Zeitschrift des Zentralen Rates für asien, Afrika- und Lateinamerikawissenschaften in der DDR „asien afrika lateinamerika“ im Akademie-Verlag Berlin. hier sind die beiden Aufsätze zu finden, die Nazagdordshs politische Laufbahn wie auch seinen Aufenthalt in Deutschland, besonders in Leipzig beschreiben (Udo Barkmann: „Zur politischen Tätigkeit des mongolischen Nationaldichters Dashdorzijn Nazagdordshs und Erika Taube: Auf der Suche nach Nazagdordshs Spuren in Leipzig).

In Leipzig, wo er im Stadtteil Connewitz wohnte, schrieb er auch – wohl unter dem Eindruck der Mai-Demonstration 1928 sein Gedicht: „Ich erlebte den ersten Mai in einem kapitalistischen Land“.

In Deutschland nahm er auch manchmal den Namen „Eldev-Ochir“ an. „Ochir“ ist tibetisch und bedeutet Diamant. Es ist aber auch eine Art Phallus-Symbol. „Eldev Ochir“ war aber auch der „Kampfname“ von Bat-Ochiryn Eldev-Ochir, dem Generalsekretär der MRVP zu Zeiten der „Linken“ Abweichung von 1929-1930 und noch einmal 1932. Er – nur ein Jahr älter als Nazagdorgsh – war 1922 in die Partei eingetreten und es ist sehr wahrscheinlich, dass Nazagdordsh diesen Namen nicht zufällig gewählt hat. Bat-Ochiryn („hart wie ein Diamant“) war Führer des kommunistischen Jugend im Westen der Mongolei und beide haben sich sicher gekannt. Bis heute ist eine Kombination des Namens mit „Ochir“ sehr häufig in der Mongolei. Die wahrscheinlich beste Übersetzung von Eldev-Ochir ist „Rohdiamant“ oder „(noch) ungeschliffener Diamant“.

Das Denkmal für Nazagdrodsh in UB

Meine Heimat

Chentij, Changai, Sajan – erhabene Bergesrücken,
Grün prangt der Norden im Schmuck der Wälder.
Menen, Scharga, Nomin – ihr Wüsten, ihr sandigen Meere,
Mit goldenen Dünen umkränzt ihr des Südens Stirn.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Cherlen, Onon, Tuul – wie wunderbar klar sind eure Wasser!
Aus tausend Brunnen quillt’s, gesegnet, ohne Ende.
Chöwsgöl, Buir, Uws, ihr tiefen blauen Seen!
All ihr stillen verborgenen Weiher, wie labt ihr freundlich Mensch und Tier.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Was gleicht an Schönheit meinen Flüssen Orchon, Selenge, Chuchui?
Wer ahnt der Berge Reichtum, der namenlosen Hügel?
Im Steppengras zwischen Ruinen träumt ein steinern Bildnis
Ein Weg führt vorüber, führt dich in weite Fernen.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Fernher schimmern schneeverhüllt der Götter Berge.
Unter blauem Himmel lichtes, stilles Land.
Schroffer Fels hält, stummen Recken gleich, die Wacht,
Freier Steppenatem macht die Herzen weit und leicht.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Endloses Land der Chalchen zwischen Changai und Gobi –
O Jugend, schnellen Hufs durchmaßen wir die Weiten,
Folgten der Spur des Wolfs hoch oben in den Bergen,
Flogen durchs weite, lichte Tal im Wettkampf der Pferde.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Hier wiegt schlankes Gras im Wind die Ähren.
Hier gaukelt Steppe dir manch wundersames Bild.
Hier fanden die Gerechten sicheres Versteck
Und Götter Opfergaben auf steinernem Altar.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Gute Weiden gibt es, zartes, süßes Gras,
Weite Steppe lockt, dem Wind zu folgen,
Lenkt den Nomadenzug in immer neue Gründe
Und lässt auf gutem Boden Korn gedeihen.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Hier ruhen unsre Väter still im Schoß der Berge,
Hier wachsen ihre Kinder auf und ihre Enkel,
Hier füllen satte Herden alte Steppenweiden,
Hier lauscht das Land dem Herzschlag der Mongolen.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Winters, wenn das Land in Schnee und Eis sich hüllt,
Leuchtet es und funkelt wie Glas und Bergkristall.
Wenn dann Laub und Blumen neue Sommerfreuden künden,
Kehrt auch die Wildgans heim, ihr Schrei erweckt die Stille.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Reiche, unberührte Erde zwischen Altai und Chingan,
Gutes Schicksal gab für immer dich in unsre Hand.
Friedlich liegst du da im Licht der goldnen Sonne,
Leuchtest unvergänglich im Glanz des Silbermonds.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Land der Väter, einst sahst du die Hunnen sinken,
Und die Blauen Mongol kündeten von deinem Ruhm.
Nun sind wir es, heimisch an den alten Feuern,
Die mit roten Bannern eine neue Zeit begrüßen.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei.

Geliebte Heimat, deine Kinder sind nun mündig,
Wachsam, dass kein Feind je deinen Frieden störe.
Blühe, liebes Land, und lass die Nachwelt singen
Von Taten, die wir dir zum Ruhm vollbringen.

Das ist meine Heimat,
Meine schöne Mongolei

1933

Geschrieben während oder nach seinem ersten Gefängnisaufenthalt

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