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Schagai – das Knochenspiel

Die Sprung- oder Rollbeine der kleinen Weidetiere Schaf und Ziege – medizinisch Talus – sind seit Jahrtausenden die „Würfel“ der Welt. Schon im Grab des ägyptischen Pharao Tut-Anch-Amun fanden sich solche Würfel. Die waren, denn der Herrscher dürfte nichts Unreines berühren, nicht aus Knochen, sondern täuischend ähnlich aus Harz nachgebildet.

Es gibt römische Statuen mit einer versunken diese Knochen werfenden jungen Frau, auf dem berühmten Bild von Bruegel mit den Spielen der Kinder findet sich unten links in der Ecke eine Szene von würfelnden  Kindern. Viele der Geflüchteten, seien sie aus dem Sudan oder aus Afghanistan, kennen diese Spiele. Auch in der Türkei auf dem Land gibt es Geschicklichkeits- und andere Spele. Bis hin zu den argentinischen Gauchos, wo es große metallene Spielstein in dieser Form sind und den holländischen „Bikketjes“ – überall auf der Welt wird damit gespielt.

Da gibt es das Pferderennen, bei dem die eigenen Pferde um so viele Felder vorrücken dürfen wie man Pferde erwürfelt hat. Da gibt es viele Spiele, bei denen der Spielstein mit Finger geschnipst werden muss und der Spieler so viele Würfel zugesprochen bekommt, wie er mit dem Schnipsen in eine bestimmte Lage (Schaf, Ziege, Kamel oder Pferd) gebracht hat. Oder es gibt sehr komplizierte Spiele, bei denen einhändig ein Schagai hochgeworfen wird, möglichst viele der „Herde“ auf dem Boden eingesammelt werden und dann der hochgeworfene wieder gefangen werden soll. Besonders sportlich ist die Variante, die im Sommer im Freien, im Winter aber quer durchs Ger gespielt wird: Hier werden die Knochen zu einer Mauer aufgebaut und mit einem Katapult zum Einsturz gebracht. Shagai sind also astrologische Instrumente, sind Würfel und so etwas wie unsere Murmeln.

Dieses „outdoor“-Schagai wird in der Mongolei in einer richtigen Liga gespielt mit ernsten Regeln. An der Straße von Ulaanbaatar in Richtung Westen gibt es am Rand der Straße bei Darshinshilen ein richtiges Denkmal für dieses uralte Kulturgut. Hier – an einem sehr alten tradiitonellen Spielort – treffen sich an bestimmten Tagen Hunderte von begeisterten Schagaispielern mitten in der Steppe. Und auch für rituelle Feierlichkeiten eignen sich diese Steine, so z.B. bei der „Schildkröte“, bei der an Tsagaan Sar, dem mongolischen Neujahr, ähnlich wie bei unserem Bleigiessen, versucht wird, die Zukunft vorauszusehen.

Schagai im Park

Und noch etwas überraschendes: Die „normalen“ Shagai“-Steine sind von Schafen. Es gibt aber noch eine Variante: Die Fersenknochen von Rindern. Und ähnlich wie bei uns „Lego DUPLO“ werden diese großen Knochen von den allerkleinsten in der Jurte zum Spielen verwendet und sind neben Würfel und Murmel wahlweise auch Auto, Flugzeug oder was auch immer die kindliche Fantasie aus ihnen macht.

Schagai – die mongolischen „Würfel“

Sie sind in jeder Jurte und in jedem mongolischen Haushalt zu finden: chagai, die mongolischen Würfel aus Schafs- oder Ziegenknochen. Und anders als unsere westlichen modernen Würfel haben sie keine sechs Würfelflächen, sondern kommen in vier möglichen Stellungen zur Ruhe. Sie haben auch keine Augenzahl wie die uns bekannten Würfel. Ihre Seiten haben die Namen der wichtigsten Tiere:

  • Pferd
  • Kamel
  • Ziege
  • Schaf

Der Wurf von vier solchen Würfeln als Methode der Zukunftsdeutung (bei uns würde man sagen: Astrologie) ist aber nur eine Verwendung dieser Knochen. Im Alltag der Nomaden sind sie die Spielsteine schlechthin, mit denen man sich in einer Vielzahl von Spielen die Zeit vertreiben kann:

Die vier Seiten des Würfels: Kamel, Pferd, Schaf, Ziege

Heft zu Naadam und Schagai erschienen

Zu den Spielen der Nomaden – Naadam und Schagai haben wir ein ausführliches Heft zusammengstellt. Eine genauere Beschreibung findet ihr Hier…

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