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Urton

Urton

Seit dem Weltreich der Mongolen im 13. Jahrhundert ist die Mongolei von einem Netz von Poststationen überzogen. Jeder freie Mongole, also alle, die nicht Lamas oder Kloterschüler (Schawi oder Schabi) oder in feudalen Diensten tätig waren, mussten für eine längere Zeit Kriegs- und/oder Postdienst leisten. Dieses System funktionierte noch weit ins zwanzigste Jahrhundert hinein.

Die Poststationen bestanden aus einer Reihe von Gers. Der „Diensthabende“ hatte auf die Herden um die Jurten zu achten und hatte dafür zu sorgenk, dass (privilegierte) Reisende verpflegt wurden, eine Übernachtungsmöglichkeit bekamen und ihre Reit-, Zug- und Lasttiere wechseln konntne.

Insofern sind die Urton-Stationen durchaus vergleichbar etwa mit den klassischen Gasthöfen in den Alpen, die – im Gegensatz zu den eventuell nur saisonal geöffneten Hotels, das ganze Jahr über geöffnet sein mussten und für die Reisenden eine zuverlässige Anlaufstation waren. Eine eindrucksvolle Schilderung des Urtonsystems Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts findet sich bei Consten in seinem Buch „Weideplätze der Mongolen – Im Land der Chalcha“.

Der Postdienst dauert oft viele Jahre. Dies führte dazu, dass häufig der Ehemann über Jahre von seiner Ehefrau getrennt war, wenn sie nicht mit ihm den Dienst verrichtete.

Der Abstand zwischen den Poststationen war geländeabhängig unterschiedlich. Er wurde so gewählt, dass die Post möglichst schnell transportiert werden konnte – durchaus vergleichbar mit dem US-amerikanischen Pony-Express quer durchs Land im 19. Jahrhundert. In der freien Steppe kann ein Pferd über 20 Kilometer galoppieren, bevor es nach etwa einer halben Stunde gewechselt werden muss. Im Gebirge ist die Entfernung kürzer. Und so wechselt der Abstand zwischen den Urton-Stationen je nach Gelände. Der „Briefträger“ galoppierte, bis sein Pferd nahezu zusammenbrach, zur nächsten Station, wo er ein frisches Pferd bekam.

Es ist überliefert, daß auf diese Art und Weise innerhalb von 24 Stunden ein Brief nahezu 1.000 Kilometer weit befördert werden konnte. Doch während die amerikanischen Expreß-Reitr die Tasche mit der zu befördernden Post an einen frischen Reiter übergeben konnten, war dies in historischen Zeiten bei den Mongolen nicht üblich. Briefe wurden aus Angst vor Fälschung oder Verlust oder auch, weil der Empfänger nicht lesen konnte, häufig auswendig gelernt, so daß der Bote persönlich die Nachricht überbringen musste. Trotz fester Leibbinden (einer Art „Korsett“ gegen die Erschütterungen beim Reiten), benötigte der Bote immer wieder Pausen.

Alte Karten der Mongolei bestehen deshalb häufig aus einer schematischen Anordnung der Urton-Stationen und der „Owoos“, den Landmarken, an denen sich der Reisende orientieren konnte. Eine genaue Entfernungsangabe war nicht nötig, eher eine Angabe der Zeit, die ein durchschnittlicher Reiter für die Strecke zwischen zwei solcher Wegnmarken benötigt.

Beim mongolischen Naadam ist die Strecke für die „ganz alten“ Pferde, d.h. die ausgewachsenen Pferde über 5 Jahre, heute mindestens 20 Kilometer lang. Es ist dies eben in Erinnerung an die Zeit der Postreiter ein „Urton“.

 

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