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Albert Steffen: Irrfahrten des Lebens

1935 im Verlag des „Emmenthaler Blatt“ in Langnau (Schweiz) erschienen und heute selten noch antiquarisch zu beziehen.

In diesem Buch beschreibt Albert Steffen autobiographisch die „Irrfahrten des Lebens“, die ihn von der Schweiz nach Estland, dann in den russischen Altai, und schließlich über den Tschuiski Trakt in die Mongolei bis nach Ulan Baatar führen. Dort erlebt er die Schreckensherrschaft des blutigen Barons Ungern-Sternberg als Augenzeuge und kann sich in die südliche Mongolei absetzen. Wer die Chance hat, dieses Buch zu lesen oder zu erwerben, sollte es unbedingt tun.

Diese „Irrfahrten“ des Lebens haben es in sich

Er wird als unehelicher Sohn einer Katholikin und eines Portestanten geboren, und hat darunter in seiner Jugend doppelt zu leiden. Er wird Molkereifacharbeiter und verlässt, wütend über die ungerechten Scheizer Verhältnisse, sein Heimatland in Richtung Russisches Reich, wo er in Estland eine Anstellung findet. Dort lernt er u.a. einen Herrn Ungern-Sternberg kennen, eine Bekanntschaft, die ihm noch einmal das Leben retten wird.

Im ersten Weltkrieg wird der Betrieb geschlossen und Steffen findet eine Anstellung im russsichen Bezirk Altai zwischen Barnaul und den hohen Altai-Bergen – wieder in der Käseproduktion. Diese Gegend war damals sehr reich und die Altai-Butter ein gefragter Epxortartikel, der von Barnaul aus per Schiff und später per Bahn bis nach England exportiert wurde. Steffen fängt an, statt Butter Käse zu produzieren, weil damit mehr Geld zu verdienen ist.

Er gerät in die Wirren der russischen Revolution und schildert die Kämpfe im Altai, mit deutlicher Sympathie für die „Roten“, aber insbesondere für die ansässige Bevölkerung. Da ihm die Ausreise nach Europa weder in Richtung Westen oder nach Osten über Schanghai gelingt, tritt er in die kommunistische Partei ein und wird Kommissar für die Milchwirtschaft.

1920 wird er gebeten, im Auftrag der Partei den revolutionären Konsul in Hovd (Westmongolei) aufzusuchen. Damals gab es in Hovd zwei russische Konsuln: Den zaristischen und den eher im Verborgenen agierenden kommunistischen. Steffen nimmt an und reist unter abenteuerlichen Umständen über den Tschuiski-Trank nach Hovd. Während Consten dieselbe Reise 1912 vorwiegend unter dem Gesichtpsunkt der objektiven Gefahr des Weges beschreibt, sieht sich Steffen eher politischen Gefahren ausgesetzt: Rote und Weiße Truppen machen den Weg unsicher, dazwischen umherziehende Banditen, und eine unter den Verhältnisse leidende und dementsprechend mißtrauische Bevölkerung.

In Hovd verlässt er nach einem Gespräch mit dem kommunistischen Konsul die Partei und reist weiter nach Urga, wo er in die Kämpfe des Roten Barons Ungern-Sternberg gerät. Es ist in ständiger Gefahr, als „roter Agent“ entlarvt zu werden und entkommt einer Hinrichtung wohl nur wegen seiner Bekanntschaft mit einem Verwandten des Roten Barons (für den er in Estland gearbeitet hatte). Steffen wird zum Augenzeugen der Greueltaten. Sein Buch ist für diesen Abschnitt der mongolischen Geschichte eine wertvolle Quelle eines  Zeitzeugen.

Er kann sich aus Urga nach Süden absetzen und kann bei einem Fürsten Sah eine Milch- und Käseproduktion aufbauen. Diese Produktion wird zerstört, als 1927 – so Steffen – die vorrückenden Roten Truppen den Fürsten vertreiben und enteignen. Steffen selbst wandert nach den USA aus, wo er wieder im Käse-Geschäft tätig wird.

Auch wenn Steffen in manchen Dingen durchaus Widerspruch hervorruft – wer das Buch in die Hände bekommt, sollte es nicht mehr loslassen. Einer meiner Widersprüche ist z.B. Steffens Ansicht, „die Russen“ (d.h. die Rote Armee in Irkutsk und Kjachta) hätten Ungern-Sternberg gerne wüten und die „Roten Proletarier“ abschlachten lassen, um dann unter Ausnutzung des Volkszorns die Volksrepublik ausrufen zu können. Aber darüber kann man natürlich lange streiten. Seine Schilderung der mongolischen Lebensverhältnisse und seine Beschreibung der Milch- und Tierwirtschaft um 1920 sind authentisch.

Wie gesagt, selten zu bekommen, aber unbedingt empfehlenswert.

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